Daily log, Thu 24.Sep.2015

Author: Vera Sichelschmidt

Der Tag begann mit dem schemenhaften Bild einer grauen Scherbe. Im Halbschlaf versuchte ich, einen Teil der Oberfläche weg zu schmirgeln, aber der Ton war zu hart, sodass die Scherbe einfach nicht in die Zeichnung passen wollte… Das Frühstück, das wir selbst zubereiteten (wegen der Feiertage haben die beiden Köchinnen frei und können ausschlafen), fand nicht immer im Kaminzimmer statt, das Muhtarın immer so liebevoll als ‚Salon‘ bezeichnet. Diese Wolken verziehen sich einfach nicht hinter die Bodrum-Halbinsel. Der Rest des Tages bestand großenteils aus Tütenwäldern, die mit mehr oder minder (meistens minder) schönen Füßen und Rändern befüllt waren. Ich fühle mich wie in einer archäologischen Fließbandproduktion, die sicherstellt, dass nach der einen Tüte ganz bestimmt noch zwei andere warten. Doch es sieht gut aus – wir kommen bestimmt gut durch. Am anderen Ende des Raumes stehen Michael und Lindsey und schwitzen in der Hitze der Fotolampe. Ich habe selten zwei so fleißige archäologische Fotografen getroffen, die regelmäßig darauf hinweisen, dass sie keine Zeit für Pausen haben… „There is still loads to do“, merkt Michael an – und schmerzlich wird und bewusst, dass unser Team sich heute um einen weiteren Mitarbeiter verkleinert. Toby sitzt mir gegenüber und sieht sehr konzentriert aus. Wie sich herausstellt, arbeitet er gerade an der Präsentation, die morgen Abend über den Survey gehalten wird. (Christoph Berns aus Milet wird auch kommen, um unser Material zu sehen.) Néhémie sitzt auf der Terrasse und programmiert. (Damit erfüllt er mich ganz schön mit Ehrfurcht, da ich schon froh bin, wenn ich mich nach irgendwelchen Updates nicht in neue IT-Materie einarbeiten muss…) Leider kann ich also gar nicht viel Inhaltliches beisteuern über das, was am Ende herauskommen soll. Für mich klingt der Tag mit einem Bier aus, nachdem ich mich von Michael verabschiedet habe. Abends sitze ich mit meinem Computer im Dépot. Da alle anderen ins Kamacı 1 am Tempel ausgeflogen sind, schieben Néhémie und ich uns ein paar mit Tomate und Käse belegte Brotstücke in den Ofen. Es ist wieder recht warm geworden und ein laues Lüftchen lässt die Bambusblätter, die von dem vorderen Balkon herunterhängen, leise rascheln. Nun habe ich ganz vergessen, dass vorhin Besuch aus Hattuşa vorbei kam! Dominique vertritt dort auf der Grabung gerade meinen Freund Sven, der Funde im Museum von Ankara aufarbeiten muss. Da die Mannschaft in Hattuşa über Şeker Bayramı nicht arbeiten durfte, nutzten Dominique und vier Kolleginnen die Gelegenheit, eine kleine Westküstentour zu unternehmen. Es war sehr schön, sie wiederzusehen. Überhaupt ist es eine supertolle, wunderschöne Kampagne dieses Jahr mit spannenden Ergebnissen und vielen tollen neuen Leuten! (Also: Vielen Dank an alle für diese schönen Tage!!)

Das Team besteht jetzt noch aus: